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IMMER NOCH NICHT PAPIERT?

Nur die Regierungen dieser Welt verstehen sich auf das Geheimnis, wie man einen an sich wertvollen und im Preis steigenden Stoff wie Papier entwerten kann, indem man einfach ein wenig Farbe darauf druckt. Diese dem österreichischen Ökonomen Ludwig von Mises zugeschriebene Aussage gefällt mir.

Sie bringt einen komplexen Sachverhalt leicht verständlich auf den Punkt – und das mit sprachlicher Eleganz. Weniger gefallen dürfte er den von dieser Aussage Betroffenen, nämlich den Verbrauchern und Sparern.

ES WERDE GELD!

Ein Geldsystem, in dem Geld durch die Notenbanken in beliebiger Höhe quasi per Fingerschnipps kreiert wird, mag auf den ersten Blick wie ein Geniestreich aussehen – zumal sich dieses System schon seit langem als „funktionierend“ erwiesen hat.

Dieses sgn. „Fiatgeld“ (vom lat. fiat: „es werde“) funktioniert verständlicherweise allerdings nur so lange, wie die am Geldkreislauf Beteiligten an den Wert, d. h. die Tausch- bzw. Kaufkraft dieses Zahlungsmittels glauben und ihr Vertrauen darauf setzen.

Interessanterweise definieren sich heute zwar immer mehr Menschen über ihren tatsächlichen oder nach außen suggerierten Besitz an Geld, kaum jemand von ihnen fragt sich jedoch, was Geld eigentlich ist, wo es herkommt und wie verlässlich die „Selbstverständlichkeit“ Geld ist.

„Eigentlich ist es gut, dass die Menschen unser Banken- und Währungssystem nicht verstehen. Würden sie es nämlich, so hätten wir eine Revolution vor morgen früh.“, bemerkte einmal der legendäre Gründer der Fordwerke, Henry Ford (1863 – 1947).

Erst am Freitag haben die FED, die EZB und die Schweizer Notenbank weitere Milliardenspritzen für den Geldmarkt angekündigt, da die Spannungen am Interbankenmarkt, über den die Kreditvergabe unter den Banken abgewickelt wird, weiter anhalten.

Zudem kündigte die US-Notenbank an, den Rahmen von Wertpapieren zu erweitern, die als Sicherheit für spezielle Refinanzierungsgeschäfte der Banken akzeptiert werden. Erstmals seit Bestehen der FED werden nun auch sgn. Asset Backed Securities (forderungsbesicherte Wertpapiere) akzeptiert.

Bedenkt man, dass die Federal Reserve bei der Rettungsaktion von Bear Stearns ebenfalls erstmals in ihrer Geschichte direkt in die Rettung einer Bank eingegriffen hatte, sollte klar sein, wie ernst die Lage des Finanzsystems wirklich ist – die Notenbanken werfen alles in die Schlacht, um die „Selbstverständlichkeit“ des Geldes zu verteidigen.

SOLIDES FUNDAMENT

Am Tag des Rettungs-Coups für Bear Sterns attestierte US-Präsident Bush der US-Wirtschaft am gleichen Tag ein „solides Fundament“.Ein System, das nur noch durch die Injektion historisch beispielloser Liquiditätssummen am Leben gehalten werden kann und in dem sich die Banken gegenseitig misstrauen, ist jedoch kaum als „solide“ zu bezeichnen. Das wirkliche Fundament der Konjunktur ist die Nachfrage, sprich: Die Verbraucher. Und die sind durch die Hypotheken-/Immobilienkrise tief verunsichert.

So fiel der von der Univ. Michigan erhobene Index der Verbraucherstimmung im April sogar noch unter den Rezessionstiefs von 1990/1991 und 2001/2003 und damit auf ein 25 Jahres- Tief. Besonders aufschlussreich ist hierbei der Blick auf die Erwartungskomponente:

Vor Beginn der Rezession 1990 war sie um 24% zurück gefallen, vor dem Start der Rezession 2001 um 30%. Diesmal ist sie von ihrem Hoch im Januar 2007 bei 87,6 um 39% gefallen.

Die Folge:

Nur drei von zehn befragten Verbrauchern wollen das zur Konjunkturankurbelung aufgelegte Steuergeschenk der Bush-Regierung in den Konsum fließen lassen, alle Umfrageteilnehmer gaben an, sich für dieses Jahr auf sinkende Einkommenszuwächse und gleichzeitig größere Preisausschläge nach oben einzustellen.

Verhalten sich die Konsumenten entlang ihrer Erwartungen (und genau aus diesem Grund wird diesen Umfragen nach der Verbraucherstimmung ja so viel Beachtung geschenkt), stehen die USA nach Einschätzung des Leiters der Erhebung der Uni. Michigan, Professor Richard Curtin, vor einer länger anhaltenden und schärfer verlaufenden Rezession als allgemein erwartet, zumal sich die Stimmungsverschlechterung der Verbraucher zuletzt deutlich beschleunigt hat.

MAIN STREET, USA, VOLLER SKEPSIS

Glaubt man den offiziellen US-Wirtschaftsdaten, lag die Inflationsrate im ersten Quartal bei 2,6 Prozent, das Wachstum des Bruttoinlandsprodukt (GDP) bei 0,58 Prozent. Der „Mann auf der Straße“ scheint aber mittlerweile Lunte gerochen zu haben, dass mit diesen Zahlen „irgendetwas“ nicht stimmen kann. Und damit liegt er (wieder einmal) richtig.

So entfiel der der Großteil des von der Wall Street bejubelten Wirtschaftswachstums auf den Aufbau von Lagerbeständen und zunehmende Verteidigungsausgaben. Was daran bullish sein soll, weiß ich nicht.

In den Portemonnaies der Verbraucher hingegen fiel der Kaufkraftschwund deutlich höher aus als von der Regierungs-Statistik ausgewiesen. Und genau aus diesem Grund haben sie ihre Zukunftserwartungen ein gutes Stück tiefer gehängt. D. h.:

Die schärfste und schnellste Zinssenkung aller Zeiten, die Hunderte von Milliarden schweren Liquiditätsinjektionen in das Finanzsystem und das 150 Mrd. Dollar umfassende Steuergeschenk der Bush-Regierung – das alles hat es nicht vermocht, das Verbrauchervertrauen vor dem tiefsten Absturz der vergangenen 25 Jahre zu bewahren.

Das aus dem Nichts geschaffene Papiergeld, das genau genommen nicht einmal mehr das ist, sondern zu rund 95 Prozent nur als „Cybermoney“ auf Computerfestplatten existiert, ist bis jetzt nicht in Gefahr geraten. Der Vertrauensschwund der US-Konsumenten aber wiegt schwer. Es ist zwar richtig, dass die Mehrheit derjenigen Verbraucher, die unter sinkenden Einkommenszuwächsen, Immobilien-Crash und anziehenden Inflationsraten leiden, kaum als Anleger am Aktienmarkt in Erscheinung treten.

In Anbetracht der ausschlaggebenden, ja geradezu entscheidenden Bedeutung des privaten Konsums für die US-Konjunktur wird der Stimmungseinbruch der Konsumenten über die nachlassende Nachfrage geradezu zwangsläufig auch die Wirtschaft und die Unternehmensgewinne erreichen.

GEHÄUFT SKS-FORMATIONEN

Die „saisonal“ günstige Zeit der Börsen ist zum Monatswechsel ausgelaufen. Denn statistisch wurden während der vergangenen 50 Jahre über 80 Prozent aller Kursgewinne in den Monaten November bis April erzielt, während die Mehrheit aller scharfen Korrekturen in den Zeitraum Mai bis Oktober fiel.

Für das jeweils laufende Jahr lassen sich daraus natürlich keine verlässlichen Prognosen ableiten, lediglich Wahrscheinlichkeiten. Sehe ich mir bei den internationalen Aktienindizes die verblüffende Häufung charttechnischer „Schulter-Kopf-Schulter“-Formationen“ an, sind die Börsen nun „entscheidungsreif“:

Ziehen die Kurse weiter an, wird die „rechte Schulter“ dieser Chartformationen neutralisiert, was bullish zu bewerten wäre. Setzen in den kommenden beiden Wochen hingegen deutliche Gewinnmitnahmen ein, bieten sich hervorragende Chancen zum Put-Einstieg, was m. E. weitaus besser zu den sgn. Fundamentals passen würde.

So oder so ist positiv, dass jedes Neuengagement angesichts der genannten Chartformationen eng abgestoppt werden kann!

Beste Grüße!
Axel Retz

Der Verfasser ist Herausgeber der Seite www.private-profits.de © Axel Retz, 03.05.2008 für www.ariva.de, www.finanztreff.de und www.zeitenwende.ch


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