KEINE GUTE UND EINE SCHLECHTE NACHRICHT
Liebe Leserinnen und Leser,
lassen Sie mich in diesen trüben Zeiten mit einer zumindest auf den ersten Blick positiven Nachricht beginnen: Falls auch Sie von der Furcht umgetrieben werden, dass vielleicht ihre Kinder oder Enkel einmal die Zeche für den aus dem Ruder gelaufenen Verschuldungsexzess der wichtigsten Volkswirtschaften und die aus ihm geborene, blindwütige „Rettungsorgie“ der Regierungen und Notenbanken zahlen müssen, kann ich Sie beruhigen: Dazu wird es nicht kommen, davon bin ich überzeugt. Aber eine gute Nachricht ist das nicht, wie Sie lesen werden. Blicken wir zurück:
Als ich in meinem Kapitalschutz-Report im Mai 2003 die m. E. unabweisbaren Folgen der Zinspolitik der Federal Reserve skizzierte, erntete ich neben viel Zustimmung auch ein gerütteltes Maß an Spott. Ein Leser kommentierte, dass ich mich mit dem dort entworfenen Szenario, in dem auch damals unzeitgemäße Vokabeln wie Staatsbankrott und Währungsreform vorkamen, selbst disqualifiziert habe.
Heute haben sich diese vermeintlich disqualifizierenden Ideen so tief im öffentlichen Bewusstsein verwurzelt, dass sie keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor locken. Zeigt sich Ungemach am wirtschaftlichen Horizont, wird halt „gerettet“, was das Zeug hält. Und dabei ist es ähnlich wie mit dem Telefonieren: Wie und ob es geht, interessiert niemanden, solange es irgendwie funktioniert. Und, im Falle der unter welchem Namen auch immer geschnürten Rettungspakete, solange der Einzelne im Glauben gehalten werden kann, im Zweifelsfall nicht mit seinem Portemonnaie zur Kasse gebeten zu werden.
Da der numerologische Sachverstand des Durchschnittsbürgers erfahrungsgemäß irgendwo im Dunstkreis der Gewinnchancen eines Sechsers im Lotto endet, ist es hilfreich, zur Einordnung der internationalen Verschuldungsorgie und ihrer Folgen einmal ein kleines Zahlenspielchen durchzuführen. Die vier Grundrechenarten, so noch erinnerlich, reichen dazu aus. Und dass wir uns dabei auf die USA beschränken, ist verzeihlich, stellen sie im internationalen Schuldenkarussell doch so etwas wie den primus inter pares.
Nehmen Sie einmal an, die finanziell notorisch klamme US-Regierung, deren Haushaltsdefizit in der vergangenen Woche an die gesetzlich definierte Obergrenze von 13,3 Billionen stieß, hätte das außerordentliche Glück, beim Lotto ab sofort Woche für Woche eine Million Dollar zu gewinnen, die sie sofort zur Tilgung ihrer Schulden einsetzen könnte. Der Einfachheit halber lassen wir die allfälligen und in ihrer Konsequenz letztlich teuflischen Zins- und Zinsenszahlungen einmal außen vor.
SEID VERSCHLUNGEN, MILLIONEN ...
Wann, glauben Sie, würde Präsident Obama unter diesen Bedingungen nach der Ergreifung Osama bin Ladens einen zweiten „historischen“ Erfolg, nämlich den Abbau der Verschuldung des US-Haushalts vermelden können?
Vermutlich liegen Sie mit Ihrer Antwort richtig: Gar nicht. Denn so lange wird der amtierende Präsident nicht leben geschweige denn im Amt sein. Und einmal unterstellt, seine Nachfolger im Oval Office blieben im Schnitt jeweils für vier Jahre auf ihrem Posten, wäre es auch den nächsten 63.942 US-Präsidenten nicht vergönnt, den Sanierungserfolg des Haushalts zu verkünden. Warum?
Weil der Abbau des Defizits bei einer wöchentlichen Tilgung von einer Million Dollar rechnerisch erst am 17. August des Jahres 257.780 erreicht würde, vorausgesetzt, an diesem Tag findet eine Lotto-Ausspielung statt.
Dass sich Republikaner und Demokraten heute um Einsparungen von ein paar Milliarden Dollar mehr oder weniger streiten, darf also getrost als „richtig großes Kino“ und als mit Bedacht gedrehte Beruhigungspille auch für die Finanzmärkte bezeichnet werden. Aber Hand aufs Herz:
Die Wahrscheinlichkeitsrechnung macht nicht wirklich sonderlich viel Hoffnung, dass die US-Regierung tatsächlich 255.769 Jahre in Folge wöchentlich einen Volltreffer im Glücksspiel landen wird. Und, nicht weniger schlimm:
Sehe ich mir den Chart der Einnahmen und Ausgaben des US-Staatshaushaltes an, scheint sich die Situation der amerikanischen Staatsfinanzen ja auch keineswegs auf den Pfad der Tugend begeben zu haben. Im Gegenteil.
Hatte es in den vergangenen Monaten noch nach einer sukzessiven Verbesserung der Einnahmeseite ausgesehen, explodierten zuletzt die Ausgaben so dynamisch wie niemals zuvor in Friedenszeiten.
Wie also soll es klappen mit der Sanierung der US-Staatsfinanzen, wie sollen es die USA abwenden, dass einem ersten verbalen Warnschuss der Ratingagenturen binnen Kürze auch eine Herabstufung ihres Kreditratings folgt?
Mit einem selbsttragenden Aufschwung, das zeigen selbst die bekanntermaßen vorne und hinten geschönten Wirtschaftsdaten, brauchen wir vorerst nicht zu rechnen - und das trotz einer Zinspolitik, wie sie seit dem Jahreswechsel 2007/2008 lockerer gar nicht mehr hätte sein können. Das gibt zu denken. Steuererhöhungen? Wohin das führt, erleben wir gerade am Beispiel Griechenlands:
Schwächelt eine Volkswirtschaft, verschlimmern sie die Lage nur noch und würgen ab, was sie stimulieren sollten.
Bleibt der im historischen Rückblick verlässlichste Motor der US-Konjunktur, der für rund 70 Prozent des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts verantwortlich ist: der Verbraucher.
DAS MANTRA VERKLINGT
Kredite, Kredite, Kredite und noch einmal Kredite! Diesem Mantra folgten die US-Konsumenten seit Menschengedenken.
Was der 1987er Crash und das Platzen der Dotcom-Blase nicht bewirken konnte, scheint nun aber dem Zusammenbruch des Häusermarktes gelungen zu sein: Die Verbraucher denken um, wie die Kurve der Verbraucherkredite belegt. Denn erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg zeigt die Nachfrage nach Konsumentenkredit nicht nur keine Zuwächse mehr, sie ist sogar signifikant ins Minus abgerutscht.
Zieht man den o. g. Stellenwert von privatem Konsum und privater Kreditnachfrage für die US-Wirtschaft ins Kalkül, verdient dieser Chart mit Fug und Recht das heute inflationär verwendete Prädikat „historisch“!
Nicht Griechenland, Portugal oder Irland, Japan, die heiß laufende Boomwirtschaft Chinas oder die nicht zuletzt durch die ausweglose Notenbankpolitik wieder anziehende Inflation stellen die größte Bedrohung unseres Wohlstandes dar, sondern der aus dem Tritt geratene way of life in den USA, der sich im Nachhinein sehr leicht verdammen lässt, von dem jedoch (fast) die ganze Welt profitiert und den sie mit getragen hat!
Und damit zur schlechten Nachricht: Für den unverantwortlichen Unfug, den Regierungen und Notenbanken heute weltweit zur Rettung nicht etwa Wirtschaft oder des Euro, sondern der für „systemrelevant“ erklärten Banken treiben, werden nicht unsere Kinder und Enkel gerade stehen müssen, denn bis dahin wird sich dieses Problem quasi von selbst gelöst haben!
Und zwar auf dem klassischen Weg einer Währungsreform. Wer seinen Geschichtsunterricht nicht verdöst und einen halbwegs guten Lehrer gehabt hat, weiß, dass derartige Finanzschnitte von der Generation der jeweils aktiven Teilnehmer des Wirtschaftslebens nur deswegen für unwahrscheinlich oder gar ausgeschlossen gehalten werden, weil sie sie selbst noch nicht erlebt haben. Oma oder Opa wissen es besser und es lohnt sich, ihren Erfahrungsschatz anzuzapfen.
JETZT SIND SIE AM DRÜCKER!
Währungsreformen und ähnlich unerfreulichen Themen des Lebens können Sie natürlich so gegenüber treten wie die meisten Zeitgenossen: Sie können sie verdrängen, in Agonie versinken, die Hände hoffend in den Schoß legen und all jene beschimpfen, die vor ihnen warnen.
Sie, und dazu möchte ich Sie ermuntern, können sich aber auch darauf vorbereiten. Nicht dass Sie so ungeschoren durch die Turbulenzen kämen - das wird niemand. Aber Sie können dafür Sorge tragen, die Krise besser zu meistern als vermutlich über 99 Prozent der Bevölkerung.
Das Wichtigste, was Sie zu tun haben ist, alle rein auf „Papiergeld“ basierenden Vermögenswerte zu reduzieren bzw. in Sachwerte umzuschichten. Konkret: Lebensversicherungen, Sparverträge, Bausparverträge und natürlich hohe Barsummen auf Konten sind am stärksten gefährdet.
Keine Frage: Es kann sein, dass Sie ihr Vermögen heute neu ordnen, ohne dass etwas passiert und auch in drei Jahren noch alles beim Alten ist. Ein „zu früh“ gibt es hier aber nicht. Ein „zu spät“, und sei es auch nur um eine Minute, kann jedoch alles zum Einsturz bringen, was Sie sich für Ihre finanzielle Lebensplanung oder die Ihrer Kinder aufgebaut haben!
Falls Sie das für Panikmache halten, sollten Sie einmal überlegen, wie dynamisch und ganz entgegen offizieller Beschwichtigungsversuche sich die sgn. Eurokrise, die in Wirklichkeit eine Schuldenkrise ist, bis jetzt entwickelt hat:
Griechenland wurde „gerettet“, indem sich die EU-Finanzminister in einem kollektiven Rechtsbruch über die von ihnen selbst definierten Regeln der Lissabonverträge hinweg gesetzt haben. Nur so, hieß es, könne die Ansteckungsgefahr anderer Euro-Länder ausgeschlossen werden. Auch Irland wurde unter den Rettungsschirm genommen, um die Ansteckungsgefahr weiterer Staaten zu bannen. Und dann Portugal, natürlich ebenfalls, um eine Ausbreitung des Krisenvirus zu verhindern. Und?
Mit Spanien treibt heute die viertgrößte Volkswirtschaft Europas auf den finanziellen Offenbarungseid zu, während Griechenland, in welcher Form auch immer, der Umschuldung entgegen sieht.
Sehen Sie doch einfach das Positive in dieser Situation: Anders als an der Börse, wo zum Ausstieg (angeblich) nicht geklingelt wird, erklingt im Bereich der Papierwährungen heute das volle Läutwerk. Tun Sie etwas! Und bedenken Sie Matthäus 25, 13: Darum wachet! Denn ihr kennt weder Tag noch Stunde!
Mit besten Grüßen
Axel Retz
© 29.05.2011 www.private-profits.de |