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Die Trends, die 2008 über Gewinn oder Verlust entscheiden!

Ölpreis, Inflation. Rohstoffpreisentwicklung, US-Immobilienkrise. Dollar-Kollaps, Abkühlung der chinesischen Wirtschaft, Auflösung der Carry-Trades, Angriff Israels auf die iranischen Atomanlagen, ungebremste Geldvermehrung durch die Notenbanken etc. etc. Aus all dem entwerfen Analysten und „Experten“ nun wie jedes Mal zu Jahresbeginn ihr Jahresszenario.

Ich möchte Sie bitten, mich statt dieses Blicks in die Zukunft einmal auf eine kleine Zeitreise zu begleiten. Nicht nach vorne, sondern in die Vergangenheit

Jahreswende 1999/2000: Der Neue Markt resp. die New Economy boomten. Demaskierte, ganz offensichtliche Betrugsskandale schreckten die Anleger ebenso wenig hoch wie der sich abzeichnende charttechnische Bruch der ultrasteilen Aufwärtstrends. Denn die Analysten gingen mit noch viel utopischeren Kurszielen haus(s)sieren. Zeitgenossen, die keine Aktien besaßen, ernteten Mitleid. Und der Niedergang der Börsen begann.

Jahreswende 2002/2003: Nahezu alle Profiteure der New Economy hatten ihre gigantischen Gewinne nicht nur versemmelt, sondern stattdessen noch viel größere Verluste eingefahren. „Aktie“, das Mantra der New Economy, war zum Synonym des finanziellen Ruins abgestiegen. Die Analysten und „Experten“ warnten vor einem Desaster. Und die steilste Hausse aller Zeiten nahm ihren Anfang.

Die hohe Kunst der retrograden Hellsichtigkeit

Und heute? Binnen Jahresfrist hat sich der Ölpreis verdoppelt, das Inflationsgespenst grassiert. Nicht nur in den USA und in Euroland, auch in Russland und China. Die US- Immobilienkrise steht in vollster Blüte, der Dollar hat im Jahresverlauf neue historische Tiefs angelaufen.

Hand aufs Herz: Hätten die Analysten, die uns heute mit bedeutungsschwangeren Worten ihre Jahresprognosen vorstellen, all das bereits Anfang 2007 gewusst – sie hätten für das vergangene Jahr ganz, ganz andere Szenarien entworfen. Und damit noch schiefer gelegen als sie es ohnehin taten.

Denn bis jetzt haben die Aktienmärkte den in der Tat erheblichen fundamentalen Belastungsfaktoren bravourös Paroli geboten, der Dax beendete das Jahr zwei Pünktchen oberhalb seines „historischen“ Hochs von März 2000 und damit in unmittelbarer Reichweite neuer Allzeithochs. Das zeigt:

  1. Die für die Aktienmärkte ausschlaggebenden Einflussfaktoren (2007 am deutlichsten Ölpreis und US-Immobilienkrise) lassen sich nicht wirklich auf zwölf Monate hinaus prognostizieren.

  2. Die Reaktion der Börsen auf derartige Entwicklungen kann ebenfalls völlig anders ausfallen als zu vermuten. Denn, wie gesagt: Hätten die Experten Anfang 2007 geahnt, was das Jahr bringen würde, hätten sie mehrheitlich wohl eine Baisse vorausgesagt.So aber bleibt es beim alten Ritual: Im Nachhinein wird uns erklärt, warum alles so und nicht anders habe kommen können, ja müssen! Die retrograde Hellsichtigkeit ...

Die entscheidenden „Gewinn-Trends“ macht nicht die Börse!

Wenn es aber so ist, dass sich die Entwicklungen von Devisen, Rohstoffen, Zinsen und evtl. „Krisen“ nicht wirklich voraussagen lassen, und wenn es auch so ist, dass selbst eine korrekte Prognose hierzu keinen Erfolgsschlüssel für gewinnbringendes Anlegen bedeutet, welche Faktoren sind dann ausschlaggebend?

1999/2000: Die Hausse der New Economy befand sich auf ihrem Zenit. Und sie prägte die Wahrnehmung der Anleger. Kaum jemand zog die Reißleine, als die Kurse zu fallen begannen. Statt die Gewinne mit sukzessive nachgezogenen Stopps (trailing stop) konsequent abzusichern, kauften die meisten Anleger nach. Um so mehr, je weiter die Kurse fielen. Die Anleger waren nicht long, weil sie an steigende Kurse glaubten, sondern sie glaubten an steigende Kurse, weil sie long waren.

Die Folge:

Das Gros der Anleger focht einen Kampf bis zum bitteren Ende. Und viele kehrten der „bösen Börse“ für immer den Rücken, weil, ja weil sie nicht bereit waren, ihre Verluste als das zu akzeptieren, was sie wirklich waren: Die Folge des eigenen Fehlverhaltens und des unbeirrbaren Festhaltens am Prinzip Hoffnung, als die charttechnischen Aufwärtstrendlinien bereits zu Bruch gegangen waren.

Fast fünf Jahre Hausse seit März 2003 haben heute in den Köpfen erneut einen „Unverwundbarkeitsmythos“ hinterlassen, der durch die per Saldo doch erstaunlich gute Performance des Vorjahres noch zementiert wird.

Natürlich kann die Hausse tatsächlich noch viel weiter gehen. Die sehr expansive Geldversorgung der Börsen durch die Notenbanken spricht dafür. Aber auch an Gegenargumenten fehlt es nicht. Vor allem: Fehlt es an der Bereitschaft der Geschäftsbanken, die Kredite an Verbraucher und Unternehmen durchzureichen (erkennbar zurzeit vor allem in Deutschland, den USA und Großbritannien), nutzen die schönsten Leitzinssenkungen und großzügigen Zinstender nichts. Aber ich will mich hier nicht ins „Fundamentale“ verlieren.

Egal, ob Sie sich den S&P 500, den Nikkei, den Dax oder den DJ E. Stoxx 50 ansehen: All diese Indizes haben im Dezember ihre mehrjährigen Aufwärtstrendlinien angetestet. Und diesen Test bestanden. Wird er jedoch nach unten durchbrochen, ist es an der Zeit, die Strategie zu überdenken.

Viele Anleger mögen Stoppkurse nicht. Aber sie sind der einzige Weg, um einen gefährlichen Geldvernichtungsprozess durch ein kalkulierbares, begrenztes Einzelereignis zu ersetzen. Und Profite nicht nur auf dem Papier zu erzielen. Anleger, die diesem Rat 2000 gefolgt sind, haben mindestens 80 Prozent ihrer Haussegewinne realisiert. Der Rest? Nun ja – kennen Sie auch nur einen einzigen Trader, der seine gigantischen Gewinne damals in trockene Tücher genommen hat?

Vier einfache Regeln ...

Was 2008 bringen wird – ich weiß es nicht. Meine ganz persönlichen „Gewinn-Trends“ für das neue Jahr kenne ich:

  1. Kein „Overtrading“, d. h: Ganz gleich, wie „sicher“ Ihnen eine Position erscheint, die Größe jedes einzelnen Trades muss immer in einer ausgewogenen Balance zum Gesamtdepot stehen.

  2. Kein Trade ohne Stoppkurs: Gehen Sie eine Position ein, wird sofort nach dem Kauf ein Stoppkurs eingezogen. Läuft der Trade wie erhofft, passen Sie diesen Stoppkurs an.

  3. Keine Trades „gegen“ den Markt: Egal, wie unsinnig Ihnen erscheinen mag, was sich an der Börse tut: Handeln Sie nicht gegen die Masse. Es mag sein, dass Sie tatsächlich „klüger“ sind als die meisten Anleger. Aber diese Masse bestimmt den Kurs.

  4. Nehmen Sie Verluste nicht persönlich – und Gewinne auch nicht. Jeder einzelne Trade ist ein unabhängiges Ereignis, das in keiner Weise davon abhängt, wie ihre anderen Positionen laufen oder geschlossen haben. Wichtig ist einzig, dass Sie Ihrem Regelwerk folgen, nach Gewinnphasen nicht übermütig werden oder versuchen, erlittene Verluste durch größere und/oder aggressivere Trades wieder herein zu holen.

Wenn Sie diese Regeln beherzigen, haben Sie gegenüber der überwiegenden Anzahl der Marktteilnehmer (auch der sgn. Profis) einen entscheidenden Vorsprung. Wenn Sie dazu noch ein Minimum an chart- und markttechnischen Grundkenntnisse mitbringen und diese auch „objektiv“ einsetzen, kann 2008 für Sie nur ein erfolgreiches Börsenjahr werden.

Beste Grüße und ein gutes, vor allem aber gesundes Neues Jahr!
Axel Retz

Der Verfasser ist Herausgeber der Webseite www.private-profits.de
© Kolumne für www.zeitenwende.ch, 04.01.2008


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