Private Profits
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Liebe Leserinnen und Leser,

in einer Buchbesprechung der Oktoberausgabe des „managermagazin“ stand als Fazit zu lesen: „Die Finanzmärkte haben einen Komplexitätsgrad erreicht, der Unfälle unvermeidbar macht. Zusätzliche Absicherung, sei es durch Regulierer oder Finanzinnovationen, macht die Sache nur noch unübersichtlicher und anfälliger.“

Der Autor, früher bei Morgan Stanley und später als Risikomanager für Salomon Brothers und große Hdegefonds tätig, leitet heute selbst einen Fonds.

Niemand weiß heute mehr, wie der Molotow-Cocktail aus immer neuen Finanzderivaten zusammengesetzt ist, wer hier mit welchem Risiko mitspielt und um welch irrwitzige Summen es überhaupt geht. Allein der Umstand, dass die Banken sich untereinander kaum noch Kredite geben, spricht Bände: Jedes Haus misstraut dem anderen.

Der Amoklauf der Spekulanten im August ist derweil längst vergessen, die Ausnüchterung der Finanzmärkte wurde vorzeitig abgebrochen, zumindest an den Aktienbörsen.

US-Verbrauchervertrauen, die Daten vom Immobilienmarkt, Gewinnwarnungen von Baumarktketten, schwächerer Ifo- und GfK-Index und zuletzt die eingebrochenen US-Auftragseingänge: Die Folgen der Kreditkrise für die Realwirtschaft werden immer deutlicher. Nur an den Aktienmärkten ist dieses Fanal noch nicht angekommen. Aber:

Niemand (auch ich nicht) weiß, ob sich die großen Finanzinstitute auf Titanic-Kurs befinden - nicht einmal die Banken selbst. Aber selbst „V“-Mann Josef Ackermann musste zuletzt einräumen, dass auch die Deutsche Bank viel zu hohe Risiken eingegangen ist.

Dass hier eine Lunte brennt, steht außer Frage. Bis jetzt gehen die Anleger aber offensichtlich davon aus, dass die Notenbanken sie mit einer Flut von frischer Liquidität ablöschen können. Nur: Was nutzt dieses Geld und was nutzen niedrigere Leitzinsen, wenn die Kreditvergabe und mit ihr Konsum und Konjunktur ins Stocken geraten?

Sicher: Die (viel zu lange) von der US-Notenbank transportiere Botschaft, dass sich die Anleger in der „besten aller Welten“ bewegen, ist so leicht nicht zu demontieren. Nur:

Fallende Leitzinsen allein sind alles andere als ein Garant für steigende Aktienkurse. Sehen Sie sich die Baisse von 2000 – 2003 an: Die US- Notenbank (damals noch unter Greenspan) lief den schärfsten unddramatischsten Zinssenkungsmarathon aller Zeiten. Und die Börsen fielen und fielen.

Ein kleines „Put-Beinchen“ in der Türe zu halten, kann kein Fehler sein. Was Ben Bernanke von Alan Greenspan geerbt, besser gesagt in die Schuhe geschoben bekommen hat, kann er nichts meistern: Inflation und Rezession – würgt er das eine nieder, frisst ihn das andere auf.

Beste Grüße!
Axel Retz

Der Verfasser ist Herausgeber der Webseite www.private-profits.de


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